11.04.2011

Das instrumentalisierte Buch

Weshalb kann es in Zeiten des Umbruchs lohnenswert sein, ein romantisches Buch zu lesen? Dieser Frage wird hier in aller Kürze nachgegangen. Ziel dieser Abhandlung ist es, eine Rechtfertigung zu finden, Die empathische Zivilisation (Campus Verlag, 2010) von Jeremy Rifkin zu lesen.


Jermey Rifkin

Herr Rifkin ist Soziologe. Er berät Regierungen, unterhält einen eigenen Think Tank und schreibt Bestseller. Seine Reputation in der Fachwelt ist unbestritten. Und trotzdem brachte ihm sein siebzehntes Buch, "Die empathische Zivilisation - Wege zu einem globalen Bewusstsein" mit vollem Namen, nur Kritik und Verriss ein. Der wissenschaftliche Gehalt wurde bemängelt. Die Herleitungen für seine Thesen seien bestenfalls abenteuerlich und würden in ihrer Darstellung nur zum Umschreiben diffuser Gefühle taugen.






Es ist ein Buch über Empathie. Die viel gelobte Fähigkeit der Menschen, für und miteinander zu fühlen. Von den umstrittenen Spiegelneuronen ist die Rede und vom grundlegend Guten im Menschen. Nirgendwo ist ein Erklärungsansatz zu finden, wie es dem Menschen immer wieder so einwandfrei gelingt, all das Gute in sich zu unterdrücken. Rifkin zeichnet eine schillernde Zukunft, in welcher wir Verantwortung für einander übernehmen. Diese Prognose stützt er auf ziemlich beliebig gesammelte, historische Erkenntnisse.

Aber das Buch kann mit einem einfachen Fokus-Entscheid ganz vergnüglich gelesen werden. Man kann sich berauschen lassen, von soviel Optimismus. Und das Erstaunliche dabei ist, dass wenn der Entscheid gefällt ist, das fast widerstandslos gelingt. Tiefenschärfe wäre dem Optimismus abträglich und so schaltet man alles Sträuben aus und überlässt sich ganz der dumpfen Naivität.
Nichts von dem, was Rifkin schreibt, ist unehrlich oder unwahr. Er ist wie ein bunter Schmetterling, der von Honigblüte zu Honigblüte fliegt und sich niemals auf genverändertem Mais oder auf Ölpalmen einer Palmplantage niederlässt. Wer will den Honigblüten Wahrhaftigkeit und Geltungsrecht absprechen, nur weil da noch Genmais und Ölpalme sind?

Vermutlich hätte das Buch auch Timothy Leary schreiben können. Auch bei ihm gilt: wer seine Bücher in letzter Konsequenz in die Ecke der Esoteriker und Verblendeten stellt, tut ihm Unrecht. Denn es sind perspektivenabhängige Gegenentwürfe für diese von pausenlosen Schreckensnachrichten geplagte Welt. Auch wenn sie den Status der Wissenschaftlichkeit verfehlen, so können sie trotzdem Gutes bewirken, indem über Gutes berichtet wird. In aller Wahrheit und dem fernen Wissen und Gewissen, dass die dunkle Seite tagtäglich genug Beachtung erhalte.

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