29.07.2011

h. d. thoreau - walden oder leben in den wäldern




wie man es einrichtet, beim lesen von henry david thoreau's walden dem eigenen streben nach besitztümern gelassen zu begegnen, steht nirgendwo geschrieben. eine marternde ambivalenz ist als folge der lektüre unumgänglich.
so kann es sich ergeben, dass die neue wohnwand beim vorübergehen einen hasserfüllten blick erntet und angespuckt wird, oder dass gar eine aufstehende schublade so unbeherrscht zugedroschen wird, dass die armaturen splittern. ausbrüche dieser art scheinen im zusammenhang mit walden oder leben in den wäldern nicht nur plausibel, sie sind eine implizit formulierte forderung. wirklich tragische züge nimmt die eruption erst an, wenn wir uns tags darauf reumütig mit den reparaturarbeiten beschäftigt sehen und in einem akt von zärtlichkeit die spucke dazu benutzen, alle spuren abzuwischen.

es ist so mit aller ideologie. sie bringt einen dazu, verbittert kleinzuschlagen, was ihr gefährlich werden könnte. ideologie genügt sich selbst und ist ein egomanisches arschloch. sie frisst unversehens auf, was zuvor unbeachtet an wahrheiten herumlag und verdaut es zu einem betonharten wurfgeschoss, welches fortan als primäres kommunikationsmittel verwendung findet. ihr radikales selbstverständnis gebietet, schärfer zu schiessen, je mehr der fragwürdige verdauungstrakt sich mit zweifel konfrontiert sieht.

walden ist unzeitgemäss, obwohl ihm allseits das gegenteil konstatiert wird. genau aus diesem grund ist seine wirkung so unerbittlich. jeder einzelne buchstabe lässt einen den verrat spüren, den wir seit langer zeit an unserer natur üben. der verbindende faden, vom damals zum heute, lässt sich nicht kappen. die unzeitmässigkeit wird zum verstärker aller versäumnisse und kumuliert die schuldgefühle ins unerträgliche. so folgt versuch auf versuch, zu relativieren und glatt zu streichen, was sich an meilenhohen wellen türmt. aber die inhaltskritik bleibt wirkungslos. ein freibillet für die ideologie bedeutet das freilich noch lange nicht. im gegenteil, gerade jetzt sollten die motoren der selbsterkenntnis auf hochtouren laufen.



henry david thoreau


"Was bei manchen wilden Völkern Brauch ist, könnte wohl mit Nutzen von uns nachgeahmt werden: sie tun wenigstens alljährlich dergleichen, als ob sie ihre Haut abwürfen; sie haben wenigstens eine Idee von der Sache, ob diese nun Wirklichkeit hat oder nicht. Wäre es nicht gut, wenn wir solch ein busk, ein 'Fest der Erstlinge' hätten, wie Bertram schreibt, dass es bei den Mucclasse-Indianern Sitte war: "Wenn die Stadt das busk feiert, so sammeln die Bewohner, nachdem sie sich vorher mit neuen Kleidern, Töpfen, Pfannen und anderen Haus- und Einrichtungsgeräten versehen haben, alle abgetragenen Kleider und übrigen unappetitlichen Dinge und putzen und reinigen ihre Häuser, Plätze und die ganze Stadt von allem Unrat, den sie nebst dem übriggebliebenen Korn und sonstigen alten Vorräten auf einen Haufen zusammentragen und vom Feuer verzehren lassen. Nachdem die Arznei genommen und drei Tage lang gefastet haben, wird alles Feuer in der Stadt ausgelöscht. Während der Fastenzeit enthalten sie sich von der Befriedigung jeglichen Verlangens und jeglicher Leidenschaft. Allgemeine Amnestie wird verkündigt, alle Übeltäter dürfen in ihre Heimat zurückkehren.
Am vierten Tag erzeugt der Oberpriester, indem er trockene Holzstücke gegeneinender reibt, auf dem öffentlichen Platz ein neues Feuer, von dem aus alle Einwohner mit einer neuen, reinen Flamme versorgt werden.
dann speisen sie festlich vom neuen Korn und Obst, tanzen und singen drei Tage lang, und die vier folgenden Tage empfangen sie Besuch und freuen sich mit ihren Freunden aus den benachbarten Städten, welche sich auf gleiche Weise gereinigt und vorbereitet haben."
Auch die Mexikaner nehmen eine ähnliche Reinigung nach Ablauf von je zweiundfünzig Jahren vor, in der Meinung, es sei jetzt Zeit, dass die Welt untergehe.
Ich habe kaum je von einem wahrhaftigeren religiösen Ritus gehört - in dem Sinne, wie es das Lexikon erklärt, nämlich als "äusseres, sichtbares Zeichen einer inneren und geistigen Gnade" -, als diese ist, und hege nicht den geringsten Zweifel, dass die Betreffenden ursprünglich direkt vom Himmel zu solcher Handlung inspiriert wurden, wenn sie auch keinen biblischen Bericht über die Offenbarung besitzen."


h. d. thoreau
aus walden oder leben in den wäldern 

27.07.2011

a sad one

dass das raten am entsetzen
niemals überhand gewinnt


manfred hübler und siegfried schwab - countdown to nowhere

24.07.2011

little dragon - ritual union




yukimi's stimme in der kulisse moderner klangarchitektur. die planstadt namens ritual union (25.7.) würde jeden feuchten traum der städteplaner und architekten übertreffen, wäre da nicht diese stimme. sie ist der göttliche hauch. wie eine flechte besetzt sie alle synthetik, ringt sich an ihr hoch und verteilt sich in jeden winkel.

npr first listen - ganzes album


Ritual Union by Little Dragon

22.07.2011

a quick one

john forde - atlantis


a - wie auch regentage können entzücken
t - wie total ja aber
l - wie lass uns mal hier unter's dach gehen
a - wie alle fünf minuten ein anderes wetter aber nie nur schön
n - wie null bock auf grillen bei diesem wetter
t - wie t-bone steak lässt sich auch toll in der bratpfanne zubereiten
i - wie ist dir schon aufgefallen, wie lange sitzpolster im auto wasser speichern?
s - wie sommer



sentenz

 
"Windhauch, Windhauch, alles ist Windhauch. Kein Mensch kann alles ausdrücken, nie wird ein Auge satt, nie ein Ohr vom Hören voll. Es gibt nichts Neues unter der Sonne."


Buch Kohelet (Buch Prediger)

20.07.2011

a quick one

ein gigantischer disco-jam als plädoyer für den sommer, der bitte gleich zurückkehren soll.




jakki (walter gibbons original 12" edit) - sun sun sun

19.07.2011

locussolus - s/t

setzt man techno in den kontext des kosmischen konzepts, ist es die reduktion der musik auf genau zwei komponenten: raum und zeit, -in diesem moment gleichzusetzen mit sphäre und rhythmus. da sich aber über musik generell keine nur kümmerliche aussagen machen lassen, kann auch dieses cliché ohne grosse anstrengung dekonstruiert werden.

dem kosmos gerecht zu werden, fällt keinem musiker leicht. immerhin handelt es sich dabei um das höchste prinzip allen schaffens. darin erfüllen sich die schöpferischen ambitionen des kreativen geistes. und darin verbergen sich - wie so oft hinter grossen prinzipien - kleingeist und unvermögen. an nichts lässt sich so leise scheitern, wie an hehren prinzipien.






dj harvey alias locussolus kann davon nichts erzählen. er kann von hippies und bits erzählen, -nicht aber vom scheitern an den grossen künstlerischen herausforderungen. von knackigen bass lines und techno aus fleisch und blut kann er plaudern, und wie er damit für versöhnung zwischen mensch und maschine sorgt. das sollte als hinweis reichen, dass sich die verdienste des mannes ins nahezu unermessliche dehnen.













da es throwdown in der ursprünglichen fassung nicht auf den album sampler geschafft hat (?), findet es hier separate erwähnung.


locussolus - throwdown (s/t)








17.07.2011

a quick one: electric guest

vielleicht ist das einzige, was zum sonntagsglück fehlt, der richtige song. hier sieht sich die federlande gerne in der pflicht.
die interkulturellen beziehungen zum musikuniversum der us-amerikanischen westküste wurden aktuell, auf gegenseitigen effort hin, stark intensiviert. seitens der federlande ist das ganz einfach mit der umfassenden qualität der musik zu begründen. wer wären wir denn, wenn dies nicht als ultimativer grund gelten dürfte?






dieser post ist einem song gewidmet, der wie geschaffen ist für diesen wunderschönen sonntag, der dem gestrigen sonnenschein in nichts nachsteht. ein song, welcher in sonntäglicher andacht eingeführt werden soll, auf dass er seinen charme über viele kommende wochentage hin verteilen möge. nur die stille und gleichmütigkeit des regentags schafft eine empfänglichkeit, welche das leben selten noch für einen bereit hält. bonjour tristesse - bedenkt, wie viel wohlgefühl in diesen worten stecken kann.

alle trivia, rund um die urheber, wird sich zu gegebener zeit finden lassen. wer nicht warten mag, soll erste referenzen auf dem blog des besten radiosenders dieser erde einholen.

electric guest - troubleman (radical miracle)

14.07.2011

sentenz




der ausdruck "neusprech" (newspeak) hat in der orwell'schen terminologie einen festen platz. er bezeichnet den prozess der begriffsverengung. sie kann durch autoritäten bewirkt werden und ist ein schleichender begleiter unserer heutigen informationsgesellschaft. denn diesen effekt - neusprech - verfolgen nicht nur geübte rhetoriker als zielvorgabe mit ihren eindringlichen reden. viel subtiler und weitaus unbewusster sind wir heute damit konfrontiert. die gezeigte illustration rückt den begriff in einen schaurigen kontext. bringt man das zitat orwell's in verbindung, mit der personalisierung des internets, wie sie freund/feind google oder eben auch facebook praktizieren, drängen sich einige wichtige fragen auf.

wenn nicht..

(via)

07.07.2011

bastard post

zwei songs. 2005 vs. 2010. entscheidet selbst.



padded cell - signal failure








clive tanaka y su orquesta - all night, all right (jet set siempre 1°)







tanzt
um himmels willen, tanzt!
gegen den hunger und die verschiebung der kontinentalplatten
für ein besseres leben der anderen
und gegen die angst vor dem eigenen
tanzt

06.07.2011

a quick one

the stepkids - wonderfox (tba s/t)
heute besteht die eigenartige gefahr, bands zu vergessen, bevor sie anständig debütieren konnten - aber nicht in der federlande! nicht für the stepkids!





update

04.07.2011

sentenz

 
"Ein Mann ist reich im Verhältnis zur Zahl der Dinge, auf die er verzichten kann."   


henry david thoreau

electric guest - mondo

das westküstenensemble ist fürs ohr in etwa das, was das kaleidoskop fürs auge ist. kosmische surfmusik dieser art hört man in los angeles zum eistee trinken am strand. wenn der himmel über dem meer in flammen steht, graben sie alle die hände und füsse tief in den sand und krallen sich fest an mutter erde, da sie glauben, sonst vom glühenden himmel verschluckt zu werden.